Im Oktober und November 2021 hatten wir im EPiZ Besuch aus Sierra Leone! Mohamed Alarini Bah (Albah) von unserer Partnerorganisation SLADEA, war in Deutschland für eine Medienfortbildung bei Brot für die Welt, und konnte vor- und nachher auch die deutschen Partner*innen des gemeinsamen Projektes „4 + 17 = Zusammen Zukunftsfähigkeit lernen“, sowie auch unsere Geschäftsstelle in Reutlingen besuchen. Er koordiniert das Austauschprojekt für die Sierra Leone Adult Education Association (Erwachsenenbildungs-Vereinigung Sierra Leone), zusammen mit seinem Kollegen Sallieu S. Sillah.
Im folgenden Interview erzählt er von seiner Arbeit im Projekt 4 + 17, von seiner Reise durch Deutschland und wie er zu SLADEA kam.
Julia Kramer, EPiZ: Albah, wie kamst Du zu SLADEA und was sind dort Deine Tätigkeitsfelder?
Mohamed Alarini Bah, SLADEA: Seit der Grundschule habe ich Theater gespielt und war in kreativen Projekten tätig. Zunächst dachte ich, ich will Ingenieur werden, aber dann habe ich festgestellt, dass das in Sierra Leone ein wenig innovativer und praktischer Beruf ist. Also habe ich eine 9-monatige Ausbildung im Bereich Radio gemacht, und später verschiedene Film-Trainings absolviert. Eines davon wurde 2015 von SLADEA durchgeführt. 2016 wurde ich Freiwilliger bei SLADEA, und seit 2019 bin ich dort Projektassistent, u.a. beim Projekt „4+17“. Außerdem bin ich für die Dokumentation aller Aktivitäten und die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Ich produziere Kurzfilme zu Bildungsthemen wie Klimawandel, Corona, etc., oder auch Radio- oder Filmprogramme zu Konflikten und Gewalt im Kontext von Wahlen. Ich gebe auch Trainings für junge Filmemacher, die dann Filme produzieren zu Themen gesellschaftlichen Wandels und Frieden.
Julia Kramer, EPiZ: Gerade ist das Projekt 4+17 angelaufen. Was sind Deine ersten Eindrücke und was erhoffst Du Dir aus diesem Projekt?
Albah, SLADEA: Ich hoffe, dass aus dem Projekt langfristige Partnerschaften zwischen den Bildungsstellen von SLADEA und den jeweiligen Austauschorganisationen in Baden-Württemberg wachsen, die Austausch zu Themen wie Kultur, Bildung, Lehrplänen, etc. ermöglichen. Ich fände es schön, wenn Lernende in Sierra Leone die Möglichkeit bekämen, sich mit Schüler*innen hier direkt auszutauschen. Ein erstes Beispiel aus dem Austausch mit den Partner*innen in Deutschland, das für mich interessant war, war über die dualen Berufsausbildungen in Deutschland zu erfahren. In Sierra Leone können Menschen, die Ingenieurwesen studiert haben, oft nicht einmal einen Schraubenzieher bedienen. Wir brauchen mehr praktische qualitative Bildung – und von Praxisbeispielen in Deutschland zu erfahren, hilft uns bei der Weiterentwicklung unserer Bildungspläne vor Ort. Vielleicht könnten wir auch in Zukunft weitere Projekte zu den SDGs gemeinsam entwickeln.
Julia Kramer, EPiZ: Dies ist Deine erste Reise nach Deutschland. Was sind Deine ersten Eindrücke hier bislang?
Albah, SLADEA: Viele Strukturen sind anders. Das Gesundheitssystem ist hier wesentlich besser, insbesondere auf dem Land. Gleichzeitig vermisse ich den Gemeinschaftssinn hier, und das warme Wetter in Sierra Leone. Etwas, das mich wütend macht, ist dass es für uns so viel schwieriger ist ein Visum zu bekommen und zu reisen. Ich habe auch Unterschiede bemerkt, wie Deutschland und Sierra Leone mit den vergangenen Kriegen umgehen. In Sierra Leone lassen wir bewusst und unkommentiert Zerstörungen des Krieges sichtbar, damit die junge Generation direkt sehen kann was schiefgegangen ist, und daraus lernen kann. Hier wurde das meiste weggeräumt oder in Museen gestellt.
Julia Kramer, EPiZ: Was siehst Du als wichtigste globale Herausforderungen an?
Albah, SLADEA: Klimawandel ist sicherlich die zentralste Herausforderung, vor der wir alle stehen. Wir versuchen mit SLADEA einen Beitrag zu leisten, indem wir Bäume pflanzen. Seit 2019 haben wir 20.000 Bäume an fünf Orten gepflanzt, die gleichzeitig auch einen ökonomischen Nutzen für die Bevölkerung haben. Qualitative Bildung ist für mich der Schlüssel, um globale Herausforderungen konstruktiv und kreativ angehen zu können.
Julia Kramer, EPiZ: Vielen Dank für das tolle Interview und eine gute Weiter- und Heimreise Dir!
PS: Wer Albah gern im O-Ton auf dem Freien Radio Wüste Welle hören möchte, findet hier ein Radiointerview!