In der letzten Sendung "Globales Lernen On Air" ging es um das international viel diskutierte Thema der Dekolonialität (decoloniality), als möglichen Ausweg aus den Strukturen, die die europäische Moderne zusammen mit der Kolonialisierung geschaffen hat und die bis heute unser Denken und Handeln bestimmen. BtE-Referentin Daniela Goeller führt in das Thema ein und stellt zentrale Gedanken von Walter Mignolo, Universitätsprofessor und Mitinitiator der Decolonial Summer School, zur Diskussion. Aly Palm diskutiert mit dem Politikwissenschaftler Paulino José Miguel vom Forum der Kulturen, zu Gast im Studio, über Strategien und persönliche Erfahrungen im Umgang mit den Folgen der Kolonialisierung.
Ein wesentliches Merkmal der Moderne ist, dass sie spaltet: Da gibt es die, die modern sind und dazugehören und die, die rückständig sind und ausgeschlossen werden. Paulino, der aus Mozambik in die ehemalige DDR und nach Deutschland kam, erklärt, welche Auswirkungen dieser Prozess der Ausgrenzung auf verschiedenen Ebenen haben kann. Die einzige offizielle Sprache in Mozambique ist bis heute das Portugiesisch der ehemaligen Kolonialherren, ergänzt durch die Geschäftssprache Englisch. Aber Paulinos Muttersprache ist Makua, das immer noch von fast einem Viertel der Bevölkerung in Mozambik gesprochen wird. Mit der Sprache wurde auch das kulturelle Wissen in den Hintergrund gedrängt. Das ist ihm später in Deutschland noch einmal so ergangen. Die Strukturen, sagt Paulino, sind das Problem, nicht die Menschen: wir sind alle in den Strukturen gefangen.
Um aus diesen Strukturen auszubrechen, können wir lernen, sie zu hinterfragen und die Welt anders zu deuten. Walter Mignolo macht deutlich, dass das dekoloniale Denken ein Weg ist, unseren Horizont zu erweitern und alle die Dinge mit einzubeziehen, die bis jetzt unter den Tisch gefallen sind. Unsere Welt wird dadurch reicher — und komplexer. Nicht die individuelle Identität ist der Schlüssel, sondern die Gemeinsamkeit, das Teilen von Erfahrungen und das miteinander und voneinander Lernen. Laut Mignolo ist Bildung keine Institution, sondern Konversation, hier werden alle wichtigen Fragen besprochen, die die Gemeinschaft betreffen. Wie wichtig das ist in der globalisierten Welt, in der wir leben, ist auch durch das Gespräch in der Sendung deutlich geworden. (Text: Daniela Goeller)
Die Sendung nachhören könnt ihr/können Sie hier auf der Website der Wüsten Welle.